Mit Kafka im Kino
FAZ, 29.6.2002
(….)Dabei wird von Kafka berichtet, er habe im engen Kreis herzhaft über manche Geschichte gelacht: das Grauen als Burleske, zumindest Groteske. Nur desperat seien sie demnach nicht zu verstehen. In diesem Sinne meint denn auch der Münchner Komponist Hans-Jürgen von Bose nicht nur: „Bloß nicht noch eine Literaturoper!“, sondern auch: „Er macht aus dem Horror Gold… Seine Texte sind für mich… ungeheuer trostreich“. Sein nun zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele im Cuvilliés-Zier-Prunk-Gehäuse kreiertes „K-Projekt 12/14“ ist denn auch weniger ein rabenschwarzes Endspiel als ein makabres Kaleidoskop mit immerhin fast versöhnlichem Ausgang: Der Schluß erweist sich als schier seraphisch-bizinienhaftes Duettieren von Kontratenor und Cellist. Gar so bitterböse ist diese „Verwandlung“ also nicht einmal gemeint, auch der Rätseltitel, keineswegs geheimnisvoll-bedrohlich, gilt dem offen-approximativen Charakter des Werks ebenso wie den Jahren 1912 bis 1914, der Verlobung Kafkas mit Felice Bauer, der Arbeit an „Verwandlung“ und „Prozeß“. Ursprünglich sollte es „K-Labyrinth“ heißen: als Nach-außen-Stülpen eines Gehirninneren. Es ging von Bose nicht darum, Kafkas wohl bekannteste Erzählung zu „vertonen“: Eine Puzzle-Collage aus „Verwandlung“, „Prozeß“, Briefen und Tagebüchern sollte musiktheatralisch dynamisiert werden. Nach seiner monströs-überambitionierten Oper „Schlachthof 5“ (1996) nun das deutlich knappere Format.